Reiseblog von Moritz und Clemens

Autor: Moritz (Seite 8 von 33)

Sassnitz – Lauterbach

Am heutigen Tag haben wir nur eine kurze Etappe geplant, weil wir bei der prognostizierten Windrichtung viel kreuzen müssen. Nach einem Abschiedsfoto mit Reinhold gehts los.

Anfangs ist es noch etwas flau und meine Geduld wird wieder mal auf die Probe gestellt. Aber da vor uns drei Boote ausgelaufen sind und nach uns auch eines, ist mein Wettkampf-Instikt geweckt. Egal wie langsam wir sind, etwas schneller als die anderen sollten wir sein! Auch wenn das eine Boot nagelneue schwarze Segel hat und deutlich agiler ist als unsere alte Dame.

Der Wind frischt zum Glück auf und wir trimmen hier und dort. Spätestens an der Kreuz, die Clemens durch die Untiefen navigiert und die wir an den Windablenkungen durch das Ufer planen, machen wir ordentlich Strecke. Irgendwann bleibt der schnellere Segler weit achteraus und die anderen haben wir ohnehin schon eingeholt. Was für ein schöner Segeltag!

Vor Lauterbach müssen wir dann die Segel einholen. Ein Motorsegler will noch unbedingt vor uns in den Hafen, gibt Gas und kürzt ab. Clemens hatte mich vorher noch gewarnt: hier wird’s flach, bleib im Fahrwasser! Der Motorsegler hat uns dann genau gezeigt, ab wo es zu flach wird… Er ist deutlich nach uns im Hafen angekommen.

In Lauterbach flanieren wir noch durch den alten Hafen, essen Fischbrötchen und handgefertigte süße Pasta aus der Nudel-Werft. Die Pasta schmeckt uns so gut, dass wir noch getrocknete für zu Hause mitnehmen.

Morgen gibt es wieder Westwind, wenn wir nach Stralsund fahren. Also ein weiterer Tag mit vielen Wenden.

Ystad – Sassnitz

Für heute ist Rückenwind angesagt, der aber im laufe des Tages immer weniger wird. Wir legen also wieder früh ab, diesmal sogar schon vor sechs Uhr. Der erwartete Wind bleibt allerdings aus. Es lohnt sich auch nicht, den Spi auszupacken, denn der Wind ist so lau, dass der bei der starken Restwelle (von gestern aus westlicher Richtung) gar nicht stehen würde.
Das scheint das Motto unserer diesjährigen Reise zu sein: Motor an. Hilft ja nichts, denn irgendwie müssen wir zurück. Ein Hafentag wegen Flaute wollen wir dann doch nicht einlegen, auch wenn es noch so schön in Ystad ist.

Auch unterwegs wird der Wind nicht mehr, im Gegenteil, es wird sogar immer weniger. Das Großsegel flappt nur noch hin und her.


Etwas unheimlich wird mir, als ich ein ziemlich großes Kriegsschiff sichte, das nicht auf dem AIS (Automatic Identification System) erscheint. AIS ist für die Berufsschifffahrt verpflichtend. Über Funk höre ich, wie die Küstenwache das Kriegsschiff anspricht. Die geben sich dann als US-Warship zu erkennen und erklären ihren Aufenthalt im deutschen Hoheitsgebiet. Gleiches Spiel etwas später mit einem polnischen Kriegsschiff. Hier ist ganz schön was los!

Beim Bergen des Segels kurz vor Sassnitz stellt Clemens fest, dass zwei der kugelgelagerten Rutscher abgebrochen sind. Das hatten wir schonmal im letzten Jahr und dann im Winter leider vergessen, die Ersatzteile zu besorgen. Nun steht uns (bzw. Clemens) eine aufwändige Reparatur an, die uns vermutlich einen ganzen Hafentag bescheren wird.

Im Hafen Sassnitz erwartet uns schon Reinhold mit der Fee. Genau die richtige Zeit für ein Kaffeekränzchen, er bringt den Kuchen gleich mit.

Bevor Clemens mit der Reparatur startet, schaut er nochmal in dem winzigen Bootszubehör-Laden vorbei. Was für eine Überraschung: sie haben diese seltenen und sehr teuren Ersatzteile da! Das Großsegel ist jetzt ganz schnell repariert und wir können morgen wieder weiter (segeln?).

Heute Abend gehen wir mit Reinhold in die Pizzeria am Hafen und schnacken bestimmt noch lange.

Skillinge – Ystad

Heute wollen wir wieder etwas früher raus, denn spätestens ab 14:00 soll der Wind auf West drehen und deutlich auffrischen. Da wir nach Ystad wollen, hätten wir dann ca. 10 sm mit über 20kn gegenan vermutlich auch mit einer entsprechenden Welle. Also 8:00 Leinen los, gleich die Segel hoch und ab geht es. In der Nähe von Schwedens Südspitze sehen wir schon von ferne eine Windkante, da muss der frische Wind einsetzen. Bis dahin wird unsere Geduld sehr strapaziert, wir schleichen zeitweise mit nur zwei Knoten Fahrt durch die Ostsee.

Die Windkante hält was sie verspricht! Wir müssen zwar doch kreuzen, aber der Wind kommt nicht direkt aus Westen, sodaß wir nur zwei Mal verholen müssen. Das könnt ihr ja auf der Google-Karte verfolgen.

Aus Ystad kommen uns unterwegs schon eine Menge Segelboote entgegen, daher wundern wir uns nicht, dass wir den Hafen fast leer vorfinden.

Nur noch schnell das Boot klarieren und dann ab in die Stadt, da freuen wir uns schon seit Tagen drauf. Ystad ist so charmant und gepflegt, wie wir es in Erinnerung hatten. Unser erster Weg führt uns in den Boots-Antik-Shop. Hier hat offenbar der Eigner gewechselt, denn es gibt nur noch wenige Ramschkisten und es sieht deutlich ordentlicher aus.

Auf dem Weg vom Hafen in die Stadt.

Ein weiterer place-to-be ist der Sandwich-Laden, direkt neben Subways. Der Laden ist voll, Subways ist leer, das sagt eigentlich schon alles.

In einer versteckten Gasse.

Anschließend besuchen wir den Klostergarten, unser Highlight in Ystad.

Hier werden viele verschiedene Kräuter und Heilpflanzen gezogen.

Der Rosengarten erblüht zwar noch nicht, aber wir wissen, wie traumhaft bunt und herrlich duftend der Garten im Sommer ist und schwelgen in Erinnerungen. In dem niedlichen kleinen Café an der Lateinschule genießen wir warmen Blaubeerkuchen und Kaffee, bevor wir zum Abschluss unserer Ystad-Runde ordentlich shoppen gehen und unsere Vorräte mit schwedischen Leckereien auffüllen.

Zurück an Bord heißt es erstmal Füße hoch! Clemens dichtet noch die vordere Luke neu ab und dann planen wir den morgigen Tag: zurück an die deutsche Küste nach Sassnitz, wo Reinhold mit der Fee schon auf uns wartet.

Inzwischen pfeift auch der angesagte Westwind in den Wanten und der Hefen füllt sich zusehends. Auf unsere traditionelle Ystad-Pizza verzichten wir diesmal, es ist noch Lasagne von gestern übrig.

Tjärö – Skillinge

Wir sind von dem neuen Anker begeistert, er hat auch bei dem drehenden Wind gut gehalten, ist leicht wieder hoch gekommen und war dank des Materials ganz ohne Schlamm. Einfach klasse!

Der Morgen erwartet uns mit einem grauen ungemütlichen Wolkenband und die aktuelle Wetterprognose sieht mal wieder sehr schwach aus.

Wir setzen trotzdem voller Erwartungen das Großsegel, das wir dann irgendwann reffen müssen, da es uns zu sehr bremst! Wegen der Welle (warum auch immer die da ist) wollen wir aber auf die Stütze nicht verzichten. Sobald sich das Wolkenband verzogen hat, ist die Hanöbucht spiegelblank. Der wenige Wind (2-4kn) dreht andauernd und mehrfach über 360°. Echt frustrierend, denn wir hören, dass an der deutschen Ostseeküste so viel Wind ist, dass viele nicht auslaufen konnten. Eine bessere Verteilung der Windstärke wäre schön, ich rede mal mit Rasmus…

Kurz vor Simrishamn dreht der wenige Wind noch einmal einen kompletten Kreis und setzt dann unvermutet mit 14kn aus Westen ein. Schnell den Motor aus und die Fock gesetzt. Was für eine schöne Fahrt, das hatten wir eigentlich heute für den ganzen Tag erwartet. Aber wir wollen ja nicht meckern, denn in diesem Jahr sind wir für jede Minute dankbar, in der wir nicht nur unter Motor unterwegs sind. Kurzerhand planen wir um und segeln noch ein paar Meilen weiter nach Skillinge.

Auch hier soll es eine Tankstelle geben, denn wir wollen sicherheitshalber nochmal ein paar Liter nachfüllen. Leider ist die Tankstelle außer Betrieb und wir verholen uns nur wenige Meter weiter auf einen Liegeplatz an der Spundwand. Dabei erinnere ich mich an ein schmerzhaftes Kindheitserlebnis: Ich bin von dieser hohen Spundwand (damals noch ohne den jetzigen Holzvorbau) heruntergeklettert und mit dem Fuß an der Seereling hängen geblieben. Kopfüber bin ich auf das Deck gestürzt und mit der Nase auf dem Handlauf aufgeprallt. Dank meiner Gummiknochen war nichts gebrochen, hat aber ordentlich weh getan. Entsprechend vorsichtig bin ich heute beim ein- und aussteigen.

Skillinge enttäuscht uns etwas. Der Ort ist wie ausgestorben, die berühmte Räucherei gibt es nicht mehr und die Sanitäranlagen sind trotz des hohen Hafengeldes schmutzig und eng. So bald werden wir hier bestimmt nicht mehr herkommen.

Wir trösten uns am Abend mit Gin Tonic und Lasagne.

Karlskrona – Tjärö

Wir haben lange hin und her überlegt, ob wir in Karlskrona auf die Germane warten. Simone und Dirk von der Germane hatten wir auch auf unserem Norwegentörn im letzten Jahr kennengelernt und die beiden sind nun auf dem Weg zur schwedischen Westküste. Das Wetter ist so schön, dass es uns nicht länger im Hafen hält und wir legen doch ab.

Anfangs können wir bei strahlender Sonne noch etwas segeln. Ab der Hasslö-Drehbrücke wird es wieder zu flau und wir fahren mit Motor über das spiegelglatte Wasser. Um 15:00 erreichen wir die Ankerbucht südlich der Privatinsel Tjärö. Leider sind die SXK-Bojen schon belegt, an den Felsen haben lauter Motorboote angelegt. Das ist die Gelegenheit, unseren neuen Ultra-Anker auszuprobieren. Der sitzt bombenfest schon beim ersten Anlauf. Wir sind happy und werden gut schlafen können, auch wenn es nachts wieder etwas stürmen soll.

Morgen gehts ein gutes Stück nach Süden. Wenn die Wetterprognose hinhaut, dann können wir den ganzen Tag mit spitzem Halbwind segeln, wir hoffen…

Zum Abendessen gibts Burger mit viel Knoblauchmajo. Das hält vielleicht die Mücken fern.

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