Reiseblog von Moritz und Clemens

Autor: Moritz (Seite 28 von 33)

Kirkehamn – Egersund

Es nieselt leicht, als wir um kurz nach sechs Uhr ablegen. In unserem Piratenversteck wissen wir noch gar nicht, wie es draußen aussieht, ziehen uns aber sicherheitshalber schonmal warm an.

Draußen ist es nicht nur kalt, sondern es gibt wieder ordentlich Wind gegenan und einige Regenwolken. Also wieder Großsegel Reffen, Fock raus und Schlag um Schlag nach Norden.

Ein Pullover, und zwei Jacken übereinander…

Am Anfang können wir noch durch kurze und längere Schläge dem Regen ausweichen, aber nach etwa sechs Stunden Kreuzen, kommt auf ganzer Breite eine Nebelfront auf uns zu. Die Welle ist heute so kurz und hoch, dass wir uns immer wieder feststampfen. 7kn Fahrt durchs Wasser aber nur 5kn über Grund, das frustriert!

Wir beschließen, dass wir für heute genug haben und laufen Egersund an. Ein weiterer Grund für diesen Hafen: auf den nächsten rund vierzig Seemeilen gibt es keine Häfen mehr, die wir anlaufen könnten.

Egersund ist eine sehr gute Wahl gewesen, denn der Ort ist malerisch und voller kleiner Kunstwerke.

In einem Geschäft für Berufsbekleidung erstehe ich wasserdichte Arbeitshandschuhe mit dickem Futter, genau das richtige für unsere Temperaturen.

Einziger Wermutstropfen in diesem Hafen: gegenüber ist eine Heringsöl-Fabrik, deren Aroma mit jedem Windhauch zu uns weht. Im Boot riecht es wie eine Fischkonserve. Aber irgendwann stumpfen die Geruchsnerven ja ab.

Mandal-Kirkehamn

Heute war ich morgens nochmal kurz einkaufen, denn der geplante Hafen hat fast nichts an Infrastruktur. Die Party-Hengste von nebenan schlafen noch ihren Rausch aus als wir um 8:30 ablegen. Gleich nach der Hafeneinfahrt setzen wir wieder das Großsegel, aber ohne Motor klappt noch nicht, denn das Fahrwasser ist noch sehr eng und der Wind kommt von vorne.

Um etwa 10:00 haben wir etwas freieres Wasser und beginnen unser Kreuz gegen den Wind. Eine Kreuz, die über sieben Stunden dauert… James schafft das nicht, also muss ich selber ran, um jedes kleinste Bisschen Höhe rauszuschinden

Um das berühmt-berüchtigte Kap Lindesnes ist der Strom gegenan so stark, dass sich unsere Kreuz wie eine Ziehharmonika zusammenschiebt. Aber wir sind tapfer und kämpfen gegen die 1,5 m hohe Welle an, Wende um Wende.

Und dann erscheinen sie endlich: die typischen schroffen Felswände an der Küste steigen aus dem Dunst auf.

Wir sind durchgefroren, denn inzwischen sind die Temperaturen nur noch einstellig, dazu der Wind – ich habe drei Jacken übereinander an.

Als wir uns endlich unserem Ziel nähern, finden wir erst die Einfahrt nicht und ich zweifle an Clemens Navigationskünsten:

Doch plötzlich tut sich eine winzige Schlucht auf, durch die wir den Hafen erreichen sollen. Clemens ist zwar rehabilitiert aber mein erster Gedanke war „Fender raus!“

Also kalt war mir nach dieser Durchfahrt nicht mehr!

Kurz vor 18:00 kommen wir in einer verwunschenen Bucht umgeben von Felsen an. Kirkehamn hat seinen Namen ganz zu Recht, denn direkt am Wasser steht eine kleine Kirche. Nach dem Tosen draußen kommt uns diese ruhige und geborgene Umgebung etwas bizarr vor. Aber bizarr schön!

Hundemüde von dieser anstrengenden Etappe backe ich nur noch rasch Pizza und wir fallen früh in die Kojen.

Grimstad-Mandal

Da wir heute nur rund 45 Meilen geplant haben, konnten wir es uns leisten, etwas später abzulegen. Gegen 8:00 ging es los, gleich das Groß hoch und später auch noch die Fock und Motor aus.

An Backbord, also seewärts baute sich wieder eine Wetterfront auf, der Wind dreht und frischt auf.

Kurze Zeit später donnert es von Norden her (über Land), auch hier sieht der Himmel sehr dunkel aus.

Wir packen alle Segel ein und fahren nur unter Motor weiter. Der Wind hat uns ohnehin komplett verlassen. Wir bleiben hinter dem Gewitter, bis es sich aufgelöst hat. Es bleibt absolute Flaute…

Die Route führt uns durch viele enge Fahrwasser und sind navigatorisch eine Herausforderung. Aber Clemens führt uns sicher durch alle Untiefen hindurch, auch wenn das NV-Kartenmaterial sehr ungenau und teilweise unvollständig ist.

Um 17:00 erreichen wir Mandal, das sich im Vergleich zu meinem letzten Besuch vor ca. 35 Jahren deutlich verändert hat. Alle Geschäfte sind um 18:00 schon geschlossen, aber immerhin sind alle Servicebereiche des Hafens offen.

Leider liegen neben uns zwei Männer-Crews mit ihren zwei 50Fuss Schiffen (auf dem Foto, orange und weiß), trinken viel, rauchen merkwürdiges Kraut, diskutieren lautstark und beschallen den Hafen mit Rap-Music. Das wird vermutlich keine entspannte Nacht!

Skagen – Grimstad, endlich in Norwegen

Heute um kurz nach fünf Uhr hieß es „Leinen los!“. Es war noch diesig und lausig kalt. Wir haben unsere Atemwolken gesehen.

Schon im Hafenbecken haben wir die Segel gesetzt und der Wind war ausreichend, um uns durch die Wellen zu bringen. Mit etwas Strömung von hinten haben wir die Nordspitze von Dänemark erreicht, ab da gab es nur noch Strömung gegenan. Ein paar Möwen haben uns mehrere Stunden lang begleitet und friedlich Kreise um uns geflogen. Im Verkehrstrennungsgebiet war viel los und wir mussten auf die großen Frachter aufpassen, auch ein Fischer mit Schleppnetz war hier unterwegs.

Ab Mittag kam die Sonne raus, leider ohne nennenswerten wärmenden Effekt. Aber die Wind wurde immer weniger, sodaß wir irgendwann nicht mehr durch die Welle kamen. Unser Navi zeigte an, dass wir den Hafen am nächsten Morgen um 1:12 erreichen, wenn wir so weiter fahren. Also musste der Motor unterstützen. Im Laufe der weiteren Stunden wurde der Wind immer weniger, zum Schluss flappten die Segel bei jeder Welle. Denn der Seegang ist leider nicht weniger geworden. Zwei Stunden vor dem Hafen kam nochmal so richtig unangenehme kurze hohe Welle von backbord und Strömung von steuerbord. Eine furchtbare Kreuzwelle, die unsere Selbststeueranlage (genannt James) nicht mehr in den Griff bekam und ich von Hand gesteuert habe.

Die Einfahrt nach Grimstad war eng und etwas unübersichtlich aber wunderschön. Wir sind hundemüde und froh, in Norwegen angekommen zu sein.

Der Hafen ist fast leer – kein Wunder, am 1.6. ist erst Saisoneröffnung und die Sanitäranlagen sind natürlich noch geschlossen…

Kleine Info an die Wachwitzer: wir haben heute Essen vom China-Mann am Hafen geholt. Ist doch fast wie Dosenfutter, oder?

Varberg – Skagen, knapp 70sm

Gestern Abend hat uns Varberg noch mit einem wunderschönen Sonnenuntergang verabschiedet.

Heute früh haben wir dann schon um 5:45 abgelegt und gleich Groß und Spi gesetzt. Mit mittlerem südlichen Wind sind wir relativ gut voran gekommen. So entspannt kann das Kattegat sein:

Nach einigen Stunden bildete sich eine imposante Wolkenfront vor uns.

Wir haben schnell die Segel geborgen und schon kurz darauf war der Wind weg und die See ganz träge und ölig. Ein paar Minuten später drehte der Wind um 180Grad und frischte plötzlich auf 22kn auf. Schnell bildete sich eine kurze hohe Welle und es begann zu schütten wie aus Eimern. Die Sicht war erheblich eingeschränkt.

Nach einer Stunde war der Spuk wieder vorbei. Kein Wind mehr aber noch die Welle und Strömung. Vor Skagen lagen rund zwanzig große Frachter wie schlafende Riesen auf Reede.

Um 18:00 waren wir denn im Hafen angekommen, durchnässt und durchgefroren. „Schöne Überraschung“: in dem teuren Hafengeld von 40€ sind die Duschen nicht inbegriffen, nochmal 3;50€ proPerson. Das ist wirklich außergewöhnlich teuer.

Heute werden wir früh in die Kojen gehen, denn morgen früh gehts auf nach Norwegen.

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