Reiseblog von Moritz und Clemens

Svolvær Hafentag II – Rundfahrt mit dem Auto

Gestern Abend hatten wir Besuch von fünf jungen Männern, die überraschend vor unserem Boot standen: der Zoll. Ratz-fatz waren sie an Bord und wollten uns filzen. Ich habe gleich unsere Quittung von den bezahlen Steuern auf der App gezeigt, woraufhin sich nur noch zwei bei uns genauer umschauen wollten. Sie haben alle Fächer durchgeschaut, in den Stauräumen unter den Polstern geprüft, einige Bodenbretter hochgehoben und den Kühlschrank durchforstet. Aber sie waren dabei sehr entspannt und zurückhaltend. Natürlich hatten sie nichts zu beanstanden! Ganz im Gegensatz zu zwei anderen Booten am Steg, die deutlichen Stress hatten. Merkwürdiger Weise waren die Eigner hinterher gar nicht mehr so gesprächig wie noch tagsüber…

Wie geplant holen wir heute früh um 9:00 den Mietwagen ab, einen Swift Hybrid. Und schon gehts los zur ersten Sehenswürdigkeit, der Lofotenkatedralen Vågan Kirke, nur wenige Kilometer südlich von Svolvær. 1898 nach drei Jahren Bauzeit fertiggestellt, wurde sie zur religiösen Heimat für die rund viertausend Fischer des Ortes. Die alte Kirche war zu klein geworden für die florierende Fischerei.

Die Kirche ist Hans Egede, dem Apostel Grönlands, gewidmet. Innen ist sie protestantisch zurückhaltend gestaltet, viele Portraits der ehemaligen Priester dekorieren die Wände.

Gleich nebenan liegt das Dorf Henningsvær. Wir hatten überlegt, mit dem Boot dorthin zu fahren, da es hier einen Sportboothafen geben sollte. Zum Glück haben wir uns für das Auto entschieden, denn es ist ein reiner Fischereihafen. Aber ein ganz besonders malerischer.

Der riesige Parkplatz am Eingang des Dorfes lässt erahnen, was hier in der Hochsaison los ist.

Mit Erstaunen sehe ich ein Hinweisschild mit Ai Weiwei at KaviarFactory. Dieser weltbekannte Künstler in diesem verschlafenen Nest? Tatsächlich hat er hier ein Kulturzentrum ausgestattet, das wir natürlich besichtigen. Die freundliche Dame am Eingang freut sich über unseren Besuch, denn die meisten Touristen gehen hier einfach vorbei und können mit dem Namen Ai Weiwei nichts anfangen. Die Frankfurter Allgemeine habe über die Ausstellung berichtet, aber keine einzige norwegische Tageszeitung habe sich dafür interessiert. Wir bewundern die Lego-Bilder.

Natürlich gibt es auch Installationen zum Thema Flüchtlinge…

… und einen Buddha, der in eine Leuchtturm-Linse eingeschlossen ist.

Wir sind begeistert und machen uns auf zu unserem nächsten Ziel, dem am weitesten entfernten Ort unserer Tour. Wir fahren etwas über 100km durch diese wunderschöne Landschaft Richtung Süd-West.

Die Landschaft ist durchzogen von kleinen Flüssen und größeren Fjorden, anfangs noch bei strahlendem Sonnenschein. An vielen Stellen sind die Gestelle zum Trocknen der Stockfische voll mit Fischköpfen …

…oder den Fischkörpern ohne Kopf behangen

Die Straßen sind eng und mit viel Splitt, wir sind froh, die Zusatzversicherung abgeschlossen zu haben.

Å ist eigentlich kaum ein Ort, mehr ein Aussichtspunkt, den man sich erwandern muss. Wir stapfen also durch die nassen Mooswiesen und schroffen Felsen bis ans Ende der Lofoten.

Am Horizont schimmern die Berge vom Festland mit ihren Schneedecken zu uns rüber.

Wir haben Hunger und folgen der Empfehlung der Auto-Vermieterin nach Reine zu Anitas Sjømat. Hier soll es die besten Fisch-Burger geben, das müssen wir natürlich prüfen. Das Restaurant ist urig eingerichtet und bietet eine interessante Auswahl an Speisen und Delikatessen zum Mitnehmen.

Clemens gibt mir eine Kostprobe von Rentierfleisch zum probieren, schmeckt irgendwie merkwürdig. Der Verkäufer klärt uns auf: kein Ren- sonder Walfleisch. Hmmm, nicht so mein Fall, sowohl moralisch als auch geschmacklich. Wir sind froh, die Fisch-Burger bestellt zu haben, denn die sind wirklich allererste Klasse!

Weiter gehts nach Nusfjord. Hier haben wir zuerst einigen Stress auf dem Parkplatz. Nicht nur, dass man fast 45° Steigung über Schotter hoch fahren muss, dann ist er auch noch eng und voll. Ich habe schon fast keine Lust mehr. Aber zum Glück setzt sich Clemens durch und wir steigen vom Parkplatz in das Dorf hinab. In der Sommersaison wird für das Dorf Eintritt genommen und wir verstehen das vollkommen. Die liebevoll gepflegten alten Fischerhäuser sind alle zu Galerie, Museum oder Restaurationsbetrieb ausgebaut. In einer Ausstellung bekommen wir einen Eindruck davon, wie es hier im Winter aussieht. Auch schön!

Das Dorf Nussfjord ist malerisch und romantisch.

Wir brauchen noch ein Dessert und kehren bei der alten Kolonialwaren-Post-Apotheke ein, in der wir frische Waffeln mit clotted cream und einen latte macchiato serviert bekommen.

Jetzt steht nur noch ein Ziel auf unserer Liste: Eggum auf der Außenseite der Lofoten. Wir fahren bei inzwischen wieder bedecktem Himmel Richtung Norden. Wegen einer Straßensperrung müssen wir leider Umwege fahren, werden aber durch weitere schöne Landschaften entschädigt.

Der Weg nach Eggum führt über komplett unbefestigte Straßen aber er lohnt sich. Am Ende steht eine alte kleine Festungsanlage mit fantastischem Blick auf den Atlantik.

Erschöpft aber glücklich machen wir uns auf den Heimweg zum Hafen von Svolvær. Wir haben fast 350km abgefahren (dafür nur 15 Liter Benzin gebraucht) und einen nachhaltigen Eindruck der Lofoten bekommen. Fazit: die Lofoten sind eine Reise wert. Vor allem für Wanderungen und Klettertouren ist es hier ein Paradies, dem sogar ich mich nicht entziehen konnte.

3 Kommentare

  1. Uli S

    Was für ein bunter Tag. Danke für die Eindrücke und die tollen Bilder. Das muss wirklich beeindruckend gewesen sein.

  2. Petra vom BSV

    Ihr Lieben, ich kann mich den Worten von Renalis nur anschließen. Ich starte jeden Morgen entspannt mit einem Café und den wunderbaren Berichten und beeindruckenden Fotos, einen kleinen Urlaub. Jetzt hattet Ihr auch wieder ein wenig Sonnenschein. Frage mich nur wann ist Saison auf den Lofoten wenn nicht jetzt. 🤷‍♀️ Die Herren vom Zoll waren wohl hungrig, erinnert einen als Berlinerin schon ein wenig an alte Zeiten 😉 Fazit: Wunderschön, dass Ihr euer Ziel erreicht habt, den Ratschlägen der Bewohner gefolgt seid und Euch auch die Zeit nehmen konntet. Weiter so…………Lieben Dank und herzliche Grüße von Petra 😎

  3. Renalis Dietrich

    Oh,Da habt Ihr beiden aber einen spannenden und abwechslungsreichen Reisebericht geliefert. Moritz, Du hast alles so anschaulich beschrieben, dass ich glaubte , dabei zu sein. Die Bergmassive sind ja so gewaltig, dass man sie nur voller Ehrfurcht betrachtet. Aber auch die Kultur und die lukullischen Leckerbissen kommen nicht zu kurz. Da war die Idee mit dem Auto genau das Richtige. Nun schlaft Ihr sicher schon , doch trotzdem gute Nacht in dieser hellen Nacht , der Sommer hat begonnen Danke für das Miterleben 🥰😴👋

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